Gerretsens 'Liturgie' (1911) in perspectief

Abstract

Titel des Artikels: Die Broschüre Liturgie (1911) von J.H. Gerretsen in Perspektive. 1911 wird in der Geschichte der reformierten Kirchen der Niederlande meistens als das Anfangsjahr der liturgischen Bewegung betrachtet. Im Herbst erschienen fast gleichzeitig die Sammlung Aufsätze Onze Eeredienst von A. Kuyper und die Broschüre Liturgie von J.H. Gerretsen. Am 12. November 1911 hielt Gerretsen seinen ersten sogenannten liturgischen Gottesdienst. Im Rahmen dieser Studie habe ich mir die Bemühung Gerretsens für die Liturgie näher angesehen. Bisher ist das noch nicht eingehend geschehen. Die wichtigsten Ergebnisse dieser Forschungsarbeit sind folgende. Neben Onze Eeredienst und Liturgie soll im Jahre 1911 noch eine Veröffentlichung erwähnt werden: Oude en nieuwe zangen von Frau M. van Woensel Kooy. Bei der Vorbereitung dieser Sammlung Lieder hat sie Gerretsen mitinspiriert einen liturgischen Gottesdienst zu gestalten. In seiner Entwurf für einen liturgischen Gottesdienst ist Gerretsen in hohen Masse bedingt worden durch die Interpretation Kuypers von der Gottesdienstordnung A Lascos. Weiter ist glaubwürdig, dass Gerretsen beeinflusst worden ist von französischen Versuchen den Gottesdienst neuzugestalten ('chant spontané' - Bersier) und von der anglikanischen Tradition (Loblied). Vor einigen Jahren ist schon erkannt worden, dass die liturgische Bewegung der 'Nederlandse Hervormde Kerk' eine Rolle im Aufkommen der Ökumenischen Bewegung in den Niederländen zwischen 1935 und 1946 gespielt hat. Hinzugefügt werden soll, dass Gerretsen in den ersten Jahrzehnten dieses Jahrhunderts hoffte die verschiedenen Richtungen innerhalb der 'Nederlandse Hervormde Kerk' näher zu einander zu bringen. Trotz der Hoffnung von Gerretsen haben die liturgischen Initiative 1911 und in den nächsten Jahrzehnten vor allem unter den Mitglieder und Sympathiker der sogenannte Ethische Richtung Anerkennung gefunden. Ein Vergleich zwischen den Verfechtern der liturgischen Erneuerung 1911/1912 und den Angehörigen der 'Liturgische Kring' 1921/1922 zeigt, dass beide Gruppen aufeinanderfolgenden Generationen gehören. Die Initiative von Gerretsen und seinen Kollegen kann man also mit Recht nicht nur betrachten als den Anfang des Zeitalters, worin die liturgische Bewegung zur Blüte kommt, sondern auch als den Abschluss ihrer Vorbereitungsphase.